Entgeltfortzahlung bei Krankheit
Grundsätzlich haben bei Arbeitsunfähigkeit alle Arbeitnehmer (also Angestellte, Arbeiter und Auszubildende) in Deutschland Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bis zu einer Dauer von 6 Wochen. Dieser Anspruch besteht unabhängig vom Umfang der wöchentlich oder monatlich zu leistenden Arbeitszeit. Voraussetzung ist jedoch, dass das Arbeitsverhältnis mindestens 4 Wochen ununterbrochen bestanden hat. Dieser gesetzliche Anspruch ist im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt.
Ursachen der Arbeitsunfähigkeit
Keine Entgeltfortzahlung bei Selbstverschulden
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit ohne Verschulden des Arbeitnehmers eingetreten ist. Vom Selbstverschulden abgesehen spielt die Ursache der Krankheit keine Rolle. So besteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung auch bei Arbeitsunfähigkeit auf Grund einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs, oder etwa bei einer stationären Maßnahme zur Vorsorge oder Rehabilitation.
Wichtig: Die Erkrankung muss jedoch die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung sein.
- Selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit liegt nur dann vor, wenn ein vorwerfbares Verhalten vorliegt. Unachtsamkeit allein genügt nicht, um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu verlieren.
- Sportunfälle sind nur dann selbstverschuldet, wenn der Arbeitnehmer in einer Weise Sport betreibt, die seine Kräfte und Fähigkeiten deutlich übersteigt oder wenn die Sportart selbst besonders gefährlich ist. Nicht generell als besonders gefährlich eingeschätzt werden folgende Sportarten: Fußball, Skifahren, Amateurboxen, Fallschirmspringen, Drachenfliegen oder Moto-Cross-Fahren – allerdings nur, wenn die entsprechenden Sicherheitsvorschriften eingehalten werden.
Dauer der Entgeltfortzahlung
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung setzt das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus und endet folglich grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Dabei wird der Tag, an dem die Arbeitsunfähigkeit eintritt, nicht eingerechnet, es sei denn,
- der Arbeitnehmer hat die Arbeit an diesem Tag noch nicht aufgenommen oder
- der erste Tag der Arbeitsunfähigkeit war arbeitsfrei (dies gilt bei Empfängern von gleichbleibendem Monatsentgelt).
Bei neu eingestellten Arbeitnehmern entsteht der Anspruch erst nach einer 4-wöchigen Wartezeit; vom Beginn der 5. Woche der Arbeitsunfähigkeit zahlt der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung für bis zu 6 Wochen.
Bei einer Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus das Arbeitsentgelt weiter bezahlen, wenn die Arbeitsunfähigkeit fortbesteht. Dies gilt entsprechend, wenn das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers wegen der Arbeitsunfähigkeit durch Aufhebungsvertrag endet.
- Jede auf einer neuen Krankheit beruhende Arbeitsunfähigkeit begründet grundsätzlich auch einen neuen Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber von 6 Wochen. Wird der Arbeitnehmer also nach Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer anderen Krankheit erneut arbeitsunfähig, so beginnt ein neuer Bezugszeitraum von 6 Wochen.
- Tritt während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit allerdings eine weitere neue Krankheit auf, so verlängert sich die Bezugsdauer von insgesamt 6 Wochen ab Beginn der ersten Erkrankung nicht.
- Wird der Arbeitnehmer wegen derselben Krankheit mehrfach arbeitsunfähig geschrieben (sogenannte Fortsetzungserkrankung), besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch grundsätzlich nur für insgesamt 6 Wochen. Deshalb informiert die BAHN-BKK den Arbeitgeber über anrechenbare Vorerkrankungen.
- War ein Arbeitnehmer vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens 6 Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig, entsteht ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung von bis zu 6 Wochen.
- Außerdem besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für alle Arbeitnehmer von bis zu 6 Wochen, wenn zwar die Frist von sechs Monaten nicht erfüllt ist, seit Beginn der ersten Erkrankung aber 12 Monate vergangen sind.
- Ist ein Arbeitnehmer wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig und endet der 12-Monats-Zeitraum während dieser Krankheit, so entsteht kein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch und auch kein neuer 12-Monats-Zeitraum. Die neue Arbeitsunfähigkeit muss an einem Tag außerhalb des 12-Monats-Zeitraums beginnen. Mit dieser neuen Arbeitsunfähigkeit beginnt dann auch ein neuer 12-Monats-Zeitraum.
Höhe der Entgeltfortzahlung
Die Höhe des Entgeltfortzahlungsanspruchs richtet sich nach der Vergütung, die der Arbeitnehmer normalerweise (ohne Arbeitsunfähigkeit) erhalten hätte. Alle Arbeitnehmer erhalten im Krankheitsfall und bei notwendigen Kuren 100 % ihres Arbeitsentgelts.
Von der Entgeltfortzahlung ausgenommen sind Überstundenvergütungen sowie Aufwandsentschädigungen wie Schmutzzulagen, Fahrkostenerstattungen oder Auslösungen.
- Tarifvertrag: Zu den oben genannten gesetzlichen Regelungen kann - auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer - abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag dies vorsieht.
- Vereinbarungen: Durch Betriebs- oder Einzelvereinbarung kann die Höhe der Entgeltfortzahlung allerdings nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers geregelt werden.
- Kurzarbeit: Fällt die Arbeitsunfähigkeit ganz oder teilweise in eine betriebliche Kurzarbeitsperiode, so ist bei der Entgeltfortzahlung von dem gekürzten Arbeitsentgelt auszugehen.
Mitteilung und Nachweispflichten
Kann ein Arbeitnehmer wegen Krankheit nicht arbeiten, so muss es dies seinem Arbeitgeber unverzüglich - also ohne schuldhaftes Zögern - mitteilen. Ein Telefonanruf reicht hierfür aus. Kommt der Arbeitnehmer dieser Anzeigepflicht nicht nach, kann dies weitreichende Folgen haben, wie zum Beispiel Schadenersatzansprüche seines Arbeitgebers bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Tage, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber spätestens am 4. Tag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Verlängert sich die Arbeitsunfähigkeit, so sind auch die weiteren ärztlichen Bescheinigungen vorzulegen.
Befindet sich der Arbeitnehmer in stationärer Behandlung, so stellt das Krankenhaus die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus.
Hält sich der Arbeitnehmer im Ausland auf und wird dort arbeitsunfähig krank, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber und der BAHN-BKK die Arbeitsunfähigkeit, ihre voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort „in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung“ mitzuteilen.
Befindet sich der Arbeitnehmer in einem Staat, mit dem ein Sozialversicherungsabkommen besteht, so reicht es für die Erfüllung der Meldepflichten aus, wenn der Arbeitnehmer die dortige Krankenkasse informiert. Sie wiederum setzt sich mit der deutsche Krankenkasse des Arbeitnehmers in Verbindung, die wiederum den Arbeitgeber informiert.
Wurde die Arbeitsunfähigkeit durch einen Unfall verursacht, den ein Dritter verschuldet hat, so geht der Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers nach dem Gesetz auf den Arbeitgeber über – in Höhe der geleisteten Entgeltfortzahlung, der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge und Beiträge zu einer zusätzlichen Alters- oder Hinterbliebenenversorgung.
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet dem Arbeitgeber unverzüglich alle Angaben zu machen, die er zur Durchsetzung seines Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Unfallverursacher benötigt. Solange der Arbeitnehmer die Angaben nicht gemacht hat, steht dem Arbeitgeber das Recht zu, die Entgeltfortzahlung zu verweigern. Er muss sie allerdings nachholen, sobald der Arbeitnehmer die Angaben gemacht hat.