Beschäftigung im Ausland
Mit der zunehmenden Globalisierung der Weltwirtschaft gewinnt auch die Entsendung und Tätigkeit von Arbeitnehmern in anderen Staaten immer mehr an Bedeutung. Eine korrekte sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist für die Arbeitnehmer wichtig, um ihnen umfassenden Sozialversicherungsschutz zu gewährleisten.
Entsendung
Befristete Tätigkeit im Ausland
Eine Arbeitnehmerentsendung liegt grundsätzlich dann vor, wenn ein Arbeitnehmer auf Weisung seines inländischen Arbeitgebers (entsendendes Unternehmen) für einen im Voraus bestimmten Zeitraum im Ausland eine Beschäftigung für ihn ausübt.
Weitere Voraussetzungen für Entsendungen können sich aus Sozialversicherungsabkommen oder dem EU-Recht ergeben.
Regelungen für verschiedene Staaten
Je nachdem in welchen Staat Sie einen Arbeitnehmer entsenden, gibt es unterschiedliche Regelungen zu beachten. Wir geben Ihnen einen Überblick.
Entsendung in einen EU-, EWR-Staat oder die Schweiz
Für die EU-Staaten, die EWR-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) sowie die Schweiz gelten die Verordnungen (EG) 883/04 und 987/09.
Die Verordnungen erfassen alle Risikobereiche, die in Deutschland durch die Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfall-, und Arbeitslosenversicherung) abgesichert sind (sachlicher Geltungsbereich).
Erfasst werden alle EU-Staatsangehörigen sowie Flüchtlinge und Staatenlose, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem EU-Staat haben (persönlicher Geltungsbereich). Zum 1. Januar 2011 wurde der persönliche Geltungsbereich auf alle Personen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit erweitert. Dies gilt jedoch nicht für Dänemark und Großbritannien.
Eine Entsendung nach VO (EG) 883/04 liegt nur vor, wenn die voraussichtliche Dauer des Einsatzes 24 Monate nicht überschreitet. Ist absehbar, dass die Entsendung länger als 24 Monate dauert, wenden Sie sich bitte umgehend an die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA). Hier besteht die Möglichkeit einen Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung zu stellen. Einzelheiten zu den Ausnahmevereinbarungen finden Sie untenstehend.
- Der entsandte Arbeitnehmer darf keinen anderen Arbeitnehmer ablösen, der zuvor in den EU-Staat entsandt wurde.
- Die arbeitsrechtliche Bindung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber muss für die Zeit der Entsendung bestehen bleiben.
- Der Arbeitgeber übt in Deutschland eine nennenswerte Geschäftstätigkeit aus (keine bloße Verwaltungstätigkeit, mindestens 25% des Umsatzes werden in Deutschland erzielt).
- Für den Arbeitnehmer galten vor der Entsendung für mindestens einen Monat die deutschen Rechtsvorschriften.
Der Antrag kann ausschließlich elektronisch gestellt werden:
Antragstellung mittels systemgeprüfter Abrechnungsprogramme
Wenn Sie als Arbeitgeber ein systemgeprüftes Abrechnungsprogramm einsetzen, können Sie den Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung für entsandte Arbeitnehmer hierüber direkt online stellen.
Antragstellung mittels einer maschinellen Ausfüllhilfe
Nutzen Sie kein systemgeprüftes Abrechnungsprogramm, steht Ihnen für die Beantragung der Ausstellung einer A1-Bescheinigung eine maschinelle Ausfüllhilfe der Informationstechnischen Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung GmbH (ITSG) zur Verfügung.
Entsendung in einen Abkommensstaat
Deutschland hat mit vielen Staaten Abkommen über soziale Sicherheit geschlossen, die unter anderem für die versicherungsrechtliche Beurteilung von Entsendungen von Bedeutung sind.
Albanien, Australien, Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Chile, China, Indien, Israel, Japan, Kanada (Quebec), Korea, Kosovo, Marokko, Moldau, Nordmazedonien, Montenegro, Philippinen, Serbien, Türkei, Tunesien, USA und Uruguay. Für Entsendungen ins Vereinigte Königreich gilt seit 01. Januar 2021 das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich.
Zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union besteht ein Handels- und Kooperationsabkommens (Partnerschaftsvertrag). Die Regelungen des Abkommens gelten seit dem 01. Januar 2021. In Fragen der Sozialversicherung ist das Abkommen anwendbar auf Sachverhalte, bei denen vor dem 01. Januar 2021 kein grenzüberschreitender Bezug zum Vereinigten Königreich bestand (Neufälle).
Für Bestandsfälle, bei denen ein solcher Bezug gegeben ist (z.B. eine laufende Entsendung), gilt auch über den 31. Dezember 2020 hinaus das Austrittsabkommen weiter, welches die rechtlichen Beziehungen bis zum Ende des Übergangszeitraums nach dem Austritt aus der EU regelte. Danach gilt für die Bestandsfälle die Verordnung (EG) 883/04 zur Sozialversicherung uneingeschränkt bis zum Ende des grenzüberschreitenden Bezugs weiter.
Für die nach dem Handels- und Kooperationsabkommen zu beurteilenden Neufälle ist zu beachten, dass Leistungen der Pflegeversicherung nicht mehr in die Vereinbarungen einbezogen wurden. Ansonsten ändert sich für die Versicherten wenig. Einzelheiten sind allerdings noch in Klärung.
Für neu ins Vereinigte Königreich entsandte Arbeitnehmer gelten die deutschen Rechtsvorschriften weiter wenn
- sie von einem Arbeitgeber entsandt werden, der einen nennenswerte Geschäftstätigkeit im Entsendestaat ausübt, und
- der Einsatz voraussichtlich 24 Monate nicht überschreitet, und
- keine zuvor entsandte Person abgelöst wird.
Liegen die Voraussetzungen für eine Entsendung vor, werden für den genannten Zeitraum weiterhin A1-Bescheinigungen zum Nachweis ausgestellt. Ausnahmevereinbarungen in abweichenden Fällen sind nach den neuen Regelungen nicht mehr möglich.
Die Abkommen erfassen grundsätzlich alle Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Einschränkungen gelten für die Abkommen mit Marokko, Türkei und Tunesien (persönlicher Geltungsbereich).
Einschränkungen können auch für das räumliche Gebiet bestehen, in das der Arbeitnehmer entsandt werden muss, damit die jeweiligen Abkommensregelungen angewandt werden können – z. B. Hong Kong, Macau (gebietlicher Geltungsbereich).
Die Abkommen erstrecken sich meist nicht auf alle Sozialversicherungszweige. Für die vom Abkommen nicht erfassten Sozialversicherungszweige erfolgt eine Beurteilung der Entsendung nach deutschen Rechtsvorschriften mit der Folge, dass eine Doppelversicherung in diesen Sozialversicherungszweigen eintreten kann (sachlicher Geltungsbereich).
Grundsätzlich ist eine zeitliche Begrenzung für eine Entsendung festgelegt. Diese kann sich von 12 bis zu 60 Kalendermonaten erstrecken.
Ausnahmen: Die Abkommen mit Israel, Jugoslawien (gilt noch in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo), Montenegro, Serbien und der Türkei sehen keine zeitliche Einschränkung vor.
Die Abkommen beinhalten grundsätzlich keine Regelungen zur Unterbrechung einer Entsendung (Ausnahme: Indien und USA).
Wenn der Beschäftigungsort vom Ausland ins Inland vorübergehend (maximal zwei Monate) zurückverlegt wird, ist von einem einheitlichen Entsendevorgang auszugehen. Sofern die Unterbrechung länger als zwei Monate dauert, gilt die Entsendung als beendet. Bei Fortsetzung des Einsatzes im anderen Staat ist von einer neuen Entsendung auszugehen.
Sind die Voraussetzungen für eine Entsendung erfüllt, erhalten Sie von der BAHN-BKK die jeweilige Bescheinigung über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften.
Für die Beantragung der Bescheinigung verwenden Sie bitte den für Sie passenden Fragebogen (auf der Internetseite der DVKA) und senden diesen bitte vollständig ausgefüllt an uns zurück.
Entsendung in sonstige Staaten
Für Staaten, mit denen keine Sozialversicherungsabkommen oder Regelungen des überstaatlichen Rechts bestehen, richtet sich die Beurteilung der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften bei Entsendungen nach dem Sozialgesetzbuch (§ 4 SGB IV Ausstrahlung).
Danach unterliegt ein Arbeitnehmer den deutschen Rechtsvorschriften, wenn ein Beschäftigungsverhältnis in Deutschland besteht. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses für einen begrenzten Zeitraum ins Ausland entsandt wird. Eine maximale Dauer für eine Entsendung ist im Sozialgesetzbuch nicht genannt. In der Praxis kommen Entsendezeiträume bis zu mehreren Jahren vor.
Da es keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über das anzuwendende Sozialversicherungsrecht gibt, kann es bei Entsendungen in diese Staaten zu Doppelversicherungen kommen (Versicherung in Deutschland und im Ausland).
Ausnahmevereinbarungen
In konkreten Einzelfällen können von der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) mit den zuständigen Stellen des Beschäftigungsstaates Ausnahmevereinbarungen geschlossen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Entsendung nicht erfüllt sind (z. B. weil der Entsendezeitraum zu lang ist), aber für den Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Fortgeltung des deutschen Rechts besteht.
Anträge auf eine Ausnahmevereinbarung sind direkt an die DVKA zu richten. Auf der Internetseite der DVKA finden Sie hierzu Antragsvordrucke.
GKV-Spitzenverband
Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA)
Pennefeldsweg 12c
53177 Bonn
Tel: 0228/ 9530-0
E-Mail: post@dvka.de
Gewöhnliche Beschäftigung in mehreren EU-Staaten
Die VO (EG) 883/04 bestimmt für eine Person, die in verschiedenen EU-, EWR-Staaten oder der Schweiz Beschäftigungen und/oder selbständige Erwerbstätigkeiten ausübt, den Staat, dessen Rechtsvorschriften für die Person gelten. Die Regelungen folgen dem Grundsatz, dass immer nur die Vorschriften eines EU-, EWR-Staates oder der Schweiz gelten.
Eine in Deutschland wohnende Person, die gewöhnlich in mehreren EU-, EWR-Staaten oder der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausübt, wendet sich zur Beurteilung bitte an die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA). Diese legt die anzuwendenden Rechtsvorschriften fest.
Benutzen Sie hierzu bitte den Fragebogen der DVKA.
GKV-Spitzenverband
Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA)
Pennefeldsweg 12c
53177 Bonn
Tel: 0228/ 9530-0
Email: post@dvka.de
Wohnt eine gewöhnlich in mehreren EU-, EWR-Staaten oder der Schweiz Staaten erwerbstätige Person nicht in Deutschland, ist entsprechend der Träger des Wohnstaats für die Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften zuständig.
Für Personen, für die weiterhin das Recht der EWR Mitgliedsstaaten VO (EWG)1408/71 anzuwenden ist (Drittstaatsangehörige in Bezug auf Dänemark und Großbritannien), ist der Antrag bei der zuständigen Krankenkasse einzureichen. Das heißt, bei Drittstaatsangehörigen, die unter anderem in einem dieser Staaten gewöhnlich einen Teil ihrer Erwerbstätigkeit ausüben, ist der Sachverhalt von der zuständigen Krankenkasse zu prüfen und gegebenenfalls eine Bescheinigung E101 auszustellen. Gleiches gilt, wenn die Person nicht vom persönlichen Geltungsbereich der VO (EG) 883/04 erfasst werden.
Wann gilt eine Entsendung als beendet?
Beendet ist die Entsendung, wenn
- der vertraglich festgelegte Entsendezeitraum beendet ist.
- der ausländische Beschäftigungsort derselbe bleibt, aber der Arbeitgeber gewechselt wird. Dies gilt unabhängig davon, ob der neue Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland oder in einem anderen Staat hat.
- der Beschäftigungsort vom Ausland nach Deutschland vorübergehend, länger als zwei Monate oder fünfzig Arbeitstage, verlegt wird. Wenn der Beschäftigungsort vom Ausland ins Inland für maximal zwei Monate zurückverlegt wird (Unterbrechung der Entsendung), ist von einem einheitlichen Entsendevorgang auszugehen.
- die befristete Auslandsbeschäftigung in eine unbefristete umgewandelt wird.
Formulare & Infomaterial
Wir geben Ihnen die wichtigsten Anträge für eine Entsendung Ihrer Arbeitnehmer an die Hand. Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) stellt außerdem auf ihrer Internetseite umfangreiche Informationen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereit.
Leistungen für Ihre Beschäftigten bei Entsendungen
Vorleistungen des Arbeitgebers
Im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer haben gegenüber ihrem Arbeitgeber Anspruch auf die Leistungen, die sie von ihrer deutschen Krankenversicherung erhalten hätten. Gleiches gilt für die familienversicherten Angehörigen, die den Arbeitnehmer ins Ausland begleiten oder ihn dort besuchen. Das heißt, der Arbeitgeber tritt im Krankheitsfall seines Mitarbeiters oder seiner Angehörigen in Vorleistung.
Die Krankenkasse erstattet dem Arbeitgeber die von ihm verauslagten Kosten grundsätzlich bis zu der Höhe, in der sie im Inland entstanden wären. Es empfiehlt sich der Abschluss einer Restkostenversicherung für die Kosten, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommen werden können.
Für notwendige Impfungen bei berufsbedingten Aufenthalten im Ausland übernimmt die BAHN-BKK die Kosten, soweit nicht der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist.